Sonntag, der 22. November: In Berlin rieselt zum Einbruch der Dämmerung leise der erste Schnee. Leise zumindest bis alle Nachbarskinder in den Hof rennen und freudig-kreischend durch das weiße Treiben rennen.
Nun ist es also Zeit, Zeit um Abschied vom Herbst zu nehmen
und den Winter zu begrüßen.
Winter, die besinnliche Jahreszeit in der wir entspannte Abende im Kerzenschein, eingemurmelt in die Kuscheldecke auf dem Sofa verbringen wollen.
Warm, Geborgen und SICHER.
Ich muss zugeben, dass mir das dieses Jahr schwer fällt.
Die Nachrichten der letzten Woche machen mich fertig und haben spürbar Narben hinterlassen.
Ich hatte in diesem Beitrag vor, einfach nur ein paar Eindrücke meiner Herbstdekoration zu teilen bevor der Winter auch dekotechnisch bei mir einzieht, doch Pläne sind eben nur das: Pläne.
Ich weiß, dass immer etwas Schlimmes in der Welt passiert. Gewalt, Terror und Leid uns täglich in den Nachrichten begegnen.
Und ich verstehe warum viele dieses Argument bringen wenn meine Mitmenschen derzeit ihre Betroffenheit ausdrücken.
Doch nun muss ich sagen, dass auch mein naiver Kokon aus Sicherheit deutlich bröckelt und ich nun Dinge im Alltag anders wahrnehme.
Ich arbeite an einem sehr öffentlichen Ort, an welchem auch schon mal Bombenattrappen deponiert wurden. Das war bereits vor einigen Jahren und zu der Zeit war mein Sicherheitsgefühl noch ein deutlich anderes als heute. Als ich damals mit meinen Kollegen evakuiert wurde und etwas entfernt in der Nachmittagssonne saß war die Stimmung allgemein entspannt und gelassen.
Vorgestern sah ich auf einem unserer elektronischen Signpads, auf welchem gerne mal Kunden rumkritzeln, die Botschaft "ISIS war hier" umringt von kleinen Herzchen. Sehr wahrscheinlich nur ein dummer Jugendstreich, aber zum Lachen war mir nicht.
Ein leichtes Ziehen in der Magengegend und deutliche Wut stellte sich ein.
Gestern auf dem Weg zum großen Wochenendeinkauf fuhr ich mit meinem Fahrrad an einem großen Flüchtlingsheim vorbei in dem etwa 250 Menschen untergebracht sind, darunter ca 80 Kinder. Diese spielen auf dem Gehweg und dem Supermarktparkplatz. Daneben sehe ich wie Ehrenamtliche feindliche Parolen von der Häuserwand schrubben anstatt mit ihrer kostbaren Zeit wirklich helfen zu können.
Und ich sehe Menschen im Rudel die Straßenseite wechseln als ob sie Angst hätten, jede Sekunde angesprungen zu werden.
Ich möchte sie schütteln,
doch ich fühle mich machtlos und schlichtweg gedanklich überfordert.
Ich will etwas tun, doch ich fahre nur weiter und erledige meine Einkäufe. Vergesse die Hälfte von dem was ich eigentlich benötige, aber das ist nicht wichtig.
Cornflakes schmecken ja auch ohne Milch.
Hier in diesem Post, getarnt als gemütliche Impressionen aus meinem Wohnzimmer, wage ich mich also mal raus aus meiner sonst doch eigentlich recht neutralen Schreibweise und hoffe, dass mir dies hilft, wieder etwas Ruhe in meine kleine Seele zu bekommen.
Immerhin begegne ich hier ja täglich hunderten Menschen von denen es sicherlich vielen ähnlich geht wie mir derzeit.
Wie empfindet ihr die Geschehnisse und wie geht ihr damit um?
Was hat euch in den letzten Tagen berührt und was verärgert?
Ich hoffe, dieser Ausflug in eine etwas andere Richtung schreckt euch nicht zu sehr ab.
Das hier ist und bleibt ein Wohnblog. Aber es ist eben mein persönlicher Wohnblog.
Mitte nächster Woche kommt dann aber auch wieder wie gewohnt eine neue DIY-Anleitung von mir.
Ich wünsche euch nichts desto trotz einen schönen und besinnlichen Start in die kalte Jahreszeit!